Im Kastanienbaum

Redaktion

17. Kapitel - Hin und her gerissen

Hin und her gerissen

Eines Abends, als Anaïs schon im Bett, lag (sehr ungewöhnlich für sie), sagte Jack: „Wir, die Eichhörnchen, vermissen dich Julia, du kommst in letzter Zeit nur noch so kurz und an manchen Tagen gar nicht. Ich bin ja noch bei euch gewesen, aber in den letzten zwei Tagen wart ihr immer so schnell weg…“ Julia nickte. Julia fühlte sich schuldig und war hin und her gerissen zwischen den beiden Spanierinnen und ihren alten Freunden.

Mama Eichhorn lächelte sie nur an: „Fühl dich nicht schuldig, kleine Julia. Denn das bist du nicht. Es ist völlig okay auch mal etwas mit anderen Freuden zu machen und ich wir können und wollen es dir nicht verübeln.“ „Aber Jack ist mein allerallerbester Freund.“, meinte Julia, die sich weiterhin schuldig fühlte. „Und Anaïs ist deine allerallerbeste Freundin.“ „Aber Jack…“, begann Julia. „Julia! Nur weil er dein bester Freund ist, bist du doch nicht verpflichtet dich nur mit ihm zu beschäftigen, in wenigen Tagen haben wir dich sowieso wieder ganz für uns.“, versuchte Mama Eichhorn Julia von ihrer Unschuld zu überzeugen. „Aber… Jack ist doch mein allerallerallerbester Freund…“, flüsterte Julia kleinlaut. Mama Eichhorn streichelte Julias Hand und sagte dann: „Das wird er auch gewiss bleiben.“

Obwohl Julia Mama Eichhorn glaubte, war sie am nächsten Morgen immer noch etwas besorgt. Maria sah ihr das sofort an. „Julia, was ist denn los?“

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Anaïs redete sogleich drauflos, aber Maria bedeutete ihr ruhig zu sein. Jetzt war Julia an der Reihe. Anaïs sah Julia gespannt an.„Die Eichhörnchen und… Ich glaube, dass verstehst du nicht.“, brach Julia ab. „Was versehe ich nicht? Du kannst mit Eichhornchen reden, ich weiß, das hat Anaïs mir erzählt.“, sagte Maria, als wäre es das Selbstverständlichste der ganzen Welt. „Du glaubst mir?“ „Na klar, glaub ich dir.“ Julia nickte anerkennend und fragte: „Findest du es nicht seltsam?“ „Nein, wieso denn? Jedes Kind sollte mit Tieren reden können.“ Julia nickte noch anerkennender als zuvor. „Kannst du denn mit Tieren reden?“, fragte Julia. „Nein, leider nicht. Aber ich versuch es zuweilen mal. Irgendwie verstehe ich die Tiere dann aber nicht.“, meinte Maria. „Aber sie reden doch laut und deutlich.“ „Eichhornchen höre ich ja nicht einmal richtig.“ „Wirklich?“, fragte Julia ungläubig. „dabei sind sie immer so furchtbar laut! Wenn Jack abends lacht, dann krieg ich immer Angst, dass meine Mama reinkommt und mich fragt wer denn so laut ist.“ Maria lachte: „Ich habe noch nie ein Eichhörnchen lachen gehört.“ „Nein?“ „Nein.“ „Du musst! Eichhörnchen lachen furchtbar oft, es ist kaum auszuhalten. Wenn man schon A sagt, beginnen sie zu kichern. Bei B rasten sie dann völlig aus, wälzen sich auf ihren Ästen und lachen bis ihnen der Bauch wehtut. Du hast es sicher schon mal gehört. Es hört sich so an: Hi ho ha hi piep ha ho hi hi hühühü piep. Und wenn sie dann so lange gelacht haben, dass ihnen die Puste ausgeht, dann piepsen sie nur noch. SO: Piep hi pieeeeeeeep!“ Julia blickte Maria erwartend an. „Ich hab keinen Ton gehört.“, sagte Maria. Julia war baff. Maria war doch tatsächlich nicht in der Lage die Sprache der Eichhörnchen zu verstehen, geschweige den zu hören. „Aber Anaïs hört sie doch auch, sie spricht sie nur nicht!“, rief Julia. Maria überlegte kurz, dann sagte sie schließlich: „Ich glaube das ist weil ihr Kinder seid.“ „Weil wir Kinder sind?“ „Genau. Kinder sind anders als Erwachsene und Jugendliche. Kinder sind viel offener und glauben viel mehr. Sie glauben daran, deshalb können sie es. Das wird es sein, der Glauben.“ „Glaubst du nicht, dass du mit Eichhörnchen sprechen kannst?“ „Nein. Nicht wirklich.“, sagte Maria. „Aber du glaubst mir, dass ich mit Eichhörnchen sprechen kann?“, fragte Julia erstaunt. „Ja.“ „Aber wieso denn?“ „Mhmm… Ich glaube einfach nicht daran, dass Menschen mit Eichhörnchen sprechen können. Aber ich glaube dir.“ „Versteh ich nicht.“, sagte Julia platt. „Soll ich ehrlich sein?“, fragte Maria lächelnd. Julia nickte. Sie erwartete fast schon, dass Maria sagen würde: Ich glaub dir gar nicht, ich bin wie alle anderen Erwachsenen auch. Aber dem war nicht so. „Ich verstehe es auch nicht. Aber glauben tu ich dir trotzdem.“ Julia war erleichtert. Maria war eben doch anders, obwohl sie trotzdem nicht mit Eichhörnchen sprechen konnte. „Und was war jetzt mit den Eichhörnchen, was wolltest du vorhin sagen?“, fragte Maria. Julia zuckte mit den Schultern. Sie hatte es schlicht und einfach vergessen.

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